Klaus Minges


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Neues vom Kap: Begegnungen in Südafrika


Weit weg von der Heimat fühlt man sich hier selten, vor allem nicht, wenn man zur Frühlingsblüte ins Namaqualand fährt. In Clanwilliam, dem Zentrum des Rooibos-Anbaus am Fuß der Cederberge, raste ich in einem Teehaus. Die Tische sind alle belegt, aber Südafrika ist ein sozial eingestelltes Land. Ich höre deutsch und setze mich dazu; ein beleibter Herr nimmt das Gespräch auf: "Ach, Sie haben auch den Nokia Communicator? Sehr praktisch, ja. Ich maile damit immer meine Fotos nach Hause. Mein Pressesprecher schreibt dann die Artikel drumrum." Pressesprecher? Auf Nachfrage stellt er sich als Präsident des Umwelt-Bundesamtes vor, nach dem Welt-Ökogipfel in Johannesburg privat die Kapregion bereisend. Er gibt sich überzeugt, daß die meisten Teilnehmer noch in SA unterwegs seien. Gute Perspektiven für meine geplanten Post-Conference-Tours, Kapstadt baut ja gerade ein Kongresszentrum. Obwohl: "Eine solche Mega-Veranstaltung wird es wohl nicht mehr geben. Völlig ineffizient." Das einzig Positive sei das Echo auf die deutsche Initiative zu einer separaten Konferenz über erneuerbare Energien in 2003 gewesen. "Innerhalb von 2 Stunden hatten wir 30 Unterschriften. Wenn die Amis mauern, machen wir's eben alleine." Wir schauten uns zusammen noch die Clanwilliam Flower Show an. Aber für eine Foto-Mail nach Berlin hat ihm die offenbar nicht gereicht ...

Fremd kommt mir hier doch einiges vor - mehr dazu später. Aber als Deutscher hat man das Gefühl, willkommen zu sein, und zwar bei allen ethnischen Gruppen. Als Aussenstehender sehe ich allerdings, dass die Weissen immer noch Vorbehalte gegenüber den Farbigen zeigen, ohne vorher zu beobachten oder zu fragen, wen sie da vor sich haben. Umgekehrt ist das nicht der Fall: Die Farbigen, ob Schalterbeamte oder Müllkutscher, zeigen im Gespräch gerne ein freundliches Lächeln, als Kaderleute mindestens wohlwollende Sachlichkeit. Sie haben ihren Mandela gelesen: "Hate the system, not the people!" Von irgendwelchen Amtsschimmeln schikaniert wurde ich nie, im Gegenteil. Selbst wenn Minderbemittelte etwas ohne Gegenleistung wollen, was nicht die Regel ist, kommt das meist akzeptabel - oder auch überraschend:

Auf dem Weg zum Golfplatz wuchte ich meine Schlägertasche ins Auto, als ein vorbeirumpelnder Müllwagen bremst. Der Fahrer grüßt aus dem Fenster: "You don't have spare golf clubs?" Ich hatte zunächst im Ramschladen drei einzelne Schläger gekauft (um diesen scheinbaren Rentner-Sport auszuprobieren), dann zum Sonderpreis eine komplette Ausrüstung, also habe ich wirklich welche übrig. Er steigt aus, seine Crew wartet geduldig auf dem Trittbrett. Und siehe da, im Gespräch entpuppt sich der schwarze Müllkutscher als routinierter Golfer; er hat wohl mal als Caddy gearbeitet. "I'm teaching my son, you know, but I don't have much money. Can I bring it next week?" Klar, ich habe ihm die drei alten Eisen geschenkt. Jetzt lernt also ein Township-Youngster mit meinen Schlägern die englische Feinmotorik. Go ahead, Iron Lion, zeig's der Tiger-Wutz!

Nach einer Feier fahre ich spät nachts heim und biege an einer Ampel ab, die schon ziemlich kirschgelb war. Plötzlich wird es hellblau: Mein Hintermann zeigt kurz mit dem Blaulicht Flagge und setzt mir nach, stoppt mich. Der Schupo beleuchtet mich mit einer Stablampe: "Vorsicht mit den Rotlichtern!" Ich stottere etwas von zu spät gesehen, aber er unterbricht mich: "Not a problem. Ich wollte sie nur warnen vor den Rotlichtern hier. So spät nachts kann immer mal was passieren." Knipst die Lampe aus und tschüss. Eigentlich ist es mit den roten Ampeln ja umgekehrt: Tagsüber sind sie gefährlich, wenn man drüberfährt, nachts ist es gefährlich, daran stehenzubleiben. Dann nämlich passieren hier die unangenehmen Dinge. War das der Grund, warum er so nachsichtig war? Hat gar der Widerschein meiner hellen Haut ihn geblendet, wäre ich als Farbiger belangt worden? Aber all das wollte ich bei meinem Rotwein-Odem nicht mit ihm diskutieren ...

Auf der Autobahn suche ich in einer Raststätte das Örtchen auf. Noch bevor ich mich gesetzt habe, begrüsst mich eine Stimme aus dem Nachbar-Abteil fröhlich mit der Standard-Floskel: "Hi, how's it going?" Etwas verwundert antworte ich: "Thanks, not bad." "And what are you up to?" Das soll wohl eine Unterhaltung werden. Also gut, etwas Smalltalk: "Well, just like you I'm driving north." Nun aber wird mein Nebensitzer nervös: "Listen darling, there's some idiot in the next stall, answering all the questions I'm asking you. I call you again later."


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