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Sie sind hier: Index / Reisen / Reisearchiv - zurück nach Südafrika, Kapstadt und auf den Tafelberg. BurgunderUnsere
Kunstkammern sind alle voll von elfenbeinernen Bechern, Geschichte, GeographieIm Gebiet des Herzogtums Burgund finden sich drei Höhepunkte abendländischer Kultur: Die Klöster von Cluny und Cîteaux mit ihren Filialen als Überreste des mittelalterlichen Mönchtums, die Schlösser der spätmittelalterlichen Herzöge, von denen das europäische Hofleben geprägt wurde, und die Weinberge der Côte d'Or, Wiege und Krönung des Weinbaus von der Antike bis zum heutigen Tag. Von Dijon
zieht sich der Steilabbruch eines Kalkplateaus als Begrenzung des
Saônebeckens schnurgerade in Richtung Südwesten. Wenn die Sonne im
Herbst das rötliche Laub der Rebberge erstrahlen lässt, wird der Name
"Côte d'Or" zu Poesie - zu schön, um wahr zu sein, denn er ist lediglich
das Kürzel von "Côte d'Orient", profan zu übersetzen als Ostabdachung
eines Plateaus. Fährt man an ihrem Fusse die RN 74 ab, sei es im Auto
oder mit dem Finger auf der Landkarte, so buchstabiert man das Einmaleins
traditioneller Weltklasseweine: Gevrey-Chambertin, Morey-St. Denis,
Chambolle-Musigny, Vougeot und Vosne-Romanée heissen die Grand-Cru-Orte
der nördlichen Côte, deren Handelsort Nuits-St. Georges ihr den Namen
Côte de Nuits gab. Die Doppelnamen erklären sich daraus, dass
man im 19. Jh. den Namen des jeweils berühmtesten Weinberges an den
Ortsnamen anhängte. Wächst hier fast ausschliesslich Rotwein, so finden
sich in der südwestlich anschliessenden Côte de Beaune die
grössten Weissweine überhaupt. Aloxe-Corton verfügt als einziger Rotwein-Grand
Cru (mit der angeblich schon von Karl dem Grossen geschätzten Lage
Corton-Charlemagne) auch über einen weissen Grand Cru der Weltklasse.
Er wird nur erreicht vom weiter südlich gelegenen Weinberg Montrachet,
den sich die Orte Puligny und Chassagne teilen. Diese Provenienzen
erzielen Preise, die im Weisswein-Sektor nur vom süssen Sauternes
des Château d'Yquem und einigen deutschen edelsüssen Weinen erreicht
werden. Rotwein erringt südlich der Stadt Beaune, dem Zentrum der
gesamten Côte d'Or, nur noch Premier Cru-Status. Savigny, Pommard,
Volnay, Auxey-Duresses, Meursault, St. Aubin und Santenay sind jedoch
nicht minder renommierte Namen. Rebsorten, CharakterIn Burgund werden, anders als im restlichen Frankreich, Weine sortenrein gekeltert, seit Herzog Johann der Gute im 15. Jh. die unedle Verschnittrebe Gamay verbot. Die Rebsorten der "Burgunderfamilie", allen voran der Pinot Noir, bringen weltweit edelstes Rebgut hervor. Die weissen Sorten Pinot Blanc und Pinot Gris spielen allerdings an ihrem Ursprungsort keine Rolle mehr.
KlassifizierungSo übersichtlich die Geographie der Côte d'Or ist, so kompliziert und konservativ sind die agronomischen Strukturen, in denen der Wein erzeugt und sein Charakter geprägt wird. Die Klassifizierung bezieht sich nur auf Lagen, nicht auf Erzeuger, und ist recht eigenwilllig: Über dem Premier Cru steht der Grand Cru, ohne dass, wie im Medoc, eine Numerierung die Hierarchie verfeinert oder, wie in St. Emilion, turnusmässig Neubewertungen durchgeführt würden. Unterhalb der Cru-Lagen figurieren die Ortsappellationen. Schliesslich folgt die regionale AC Bourgogne, in der Aligoté und Passetoutgrain auf den Plan treten, aber auch das hochgelegene Randgebiet der Hautes Côtes de Beaune/Nuits. Diese Gliederung erscheint einfach, vermittelt aber wenig Information. Die grobe Abstufung verschleiert markante Qualitätsunterschiede, die nicht, wie sonst üblich, mit den Preisen korrespondieren.
Die Konkurrenz in Bordeaux verfügte, bei gleichwertiger Bodenqualität und günstigerem Klima, über bessere Handelswege. Hatte man von dort seit dem Mittelalter Wein nach England verschifft, so blieb für den Burgunder nur ein kleiner Binnenmarkt, bis im 18. Jh. die Strassen besser wurden. Jetzt entstanden die ersten Handelshäuser, die den Wein in Flaschen abfüllten und für europaweiten Vertrieb sorgten: Bouchard, gegründet 1731, und Champy (1720) existieren heute noch. Diese "Negociants-Eleveurs" kaufen den Winzern Trauben und Jungweine ab und bauen sie selbst aus, was in Bordeaux undenkbar wäre. Erst seit den 1930er Jahren begannen renommierte Erzeuger mit Domänenabfüllungen, die heute mehr als die Hälfte des Marktes bestreiten. Weniger gut ausgebildete Kleinabfüller, aber auch verkrustete Traditionalisten sorgen heute dafür, dass eine gute Lage noch lange keinen guten Wein garantiert. In der Weinbereitung ist die burgundische Tradition ebenfalls ein zweischneidiges Schwert. Als Louis Pasteur sein Verfahren der Kurzzeit-Erhitzung auf 80° erfand, konnten die Winzer damit ihren Wein stabilisieren; zugunsten besserer Lagerfähigkeit nahm man Aromaverluste in Kauf. Heute erlaubt der hygienische Standard den Verzicht auf Pasteurisierung, aber dennoch halten sogar renommierte Domänen daran fest. Auch das Filtern und Schönen der Weine behauptet sich nirgends so unumstritten wie in Burgund. Ohne die Experimentierfreude junger Winzer wird unklar bleiben, welche Einbussen an Charakter und Struktur damit in Kauf zu nehmen sind. Deshalb kann nicht die Tradition, sondern nur moderne Forschung, Technik und Ökonomie den Burgunder vor der weltweiten Konkurrenz bewahren. Allein die Spitzenweine sind sichere Adressen, weil hier dank der exorbitanten Preise einerseits der Einsatz von Kapital und Know-how gewährleistet ist und andererseits der Druck öffentlicher Kritik regulierend wirkt. Warum
also sollte ein vom Run auf grosse Namen unbelasteter Weinliebhaber
Burgunder kaufen? Die hiesigen Edeltrauben Pinot Noir und Chardonnay
wachsen auf dem ganzen Erdball zu hochwertigen Tropfen heran. In Australien
werden ungepfropfte Weinstöcke ohne die Geissel der Reblaus bis 150
Jahre alt und liefern faszinierende Kreszenzen. In Chile, das ebenfalls
von der Reblaus verschont blieb, sitzen die nachgeborenen Söhne von
Bordeaux-Winzern, die ihre Kompetenz in die Neue Welt exportierten.
In Kalifornien liegt Napa Valley gleich neben Silicon Valley: Technologie
regiert in Weinberg und Keller. Sie verschafft allerdings den dortigen
Weinen oftmals von allem zuviel, was einen Wein gut macht, sei es
Bukett, Extrakt oder Alkohol. |
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Klaus Minges · Mail: klausminges@yahoo.com · Web: www.minges.ch |
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