Klaus Minges: Texte |
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Naturgeschichte Südafrikas... etwas anders
Nachdem ich in den letzten Newslettern
den Weg vom inneren ins physische Exil beleuchtet habe, nun noch ein
paar Verbeugungen vor meiner neuen Heimat Südafrika, und zwar aus dem
Blickfeld der Naturgeschichte. Immerhin ist der Tafelberg vor meinem Fenster
fast eine halbe Milliarde Jahre alt. Da kommt man ins
Grübeln: Wie kam das alles?
Als Gleitfläche dienten die präkambrischen Schiefer von Robben Island, das einst begraben lag von Sediment, kilometerdick, versteinert. Entlastet von der Grabplatte Südamerika und aufgestiegen gen Meeresspiegel, als schwarzglänzender Steinbruch; schließlich von Nelson Mandela, dem Erlöser und Propheten, in handliche Platten gehauen, auf denen das neue Gesetz geschrieben steht. Der Tafelberg ist der Rest jener Kante, von der Südamerika abgebrochen ist. Seine Nordwand ragte schon gen Himmel, als der Eiger noch krümelweise das Ur- Mittelmeer verdreckte! Während Europa langsam verkalkte und sich in Falten legte, versuchten in Afrika die letzten Saurier, als Pseudo-Säugetiere ihrem Schicksal zu entrinnen. Sie hatten offenbar erkannt, wem in Zukunft die Welt gehören würde, legten sich ein Fell zu und nannten sich "mammal-like Reptiles". Die eierlegende Wollmilchsau könnte es damals wirklich gegeben haben! Ein paar dieser Kreaturen verschluckten sich an einem spätgondwanischen Binnenmeer namens Ecca-Sea und bevölkern jetzt als Fossilien die Halbwüste Karoo; deshalb wissen wir das so genau. Als alle übrigen Kontinente weg waren, mußte die ihres Auslaufes beraubte Pflanzenwelt am Kap feststellen, daß der hiesige Sandsteinboden sauer war, und damit auch das Leben. Das Klima wurde rau und windig, aber der Wind brachte Salz statt Löß. Und dann noch dies: Vor ein paar Millionen Jahren beschloß urplötzlich der Benguela-Strom im Atlantik, er müsse ab jetzt das kalte Antarktis-Wasser direkt an der Westküste Afrikas vorbeibringen - eine Umweltkatastrophe, gegen die El Niño wie ein neugeborener Säugling aussieht. Ergebnis: Die Wüste Namib, der breiteste Sandstrand der Welt. Und südlich davon, am Kap der Stürme, nichts als Streß, systemgeneriert. Aber Streß hält wachsam. Jede ökologische Nische wurde ausgenutzt, und es entstand eine Artenvielfalt, die weltweit ihresgleichen sucht, eben die Kapflora. Eines von nur sechs Florenreichen auf der Welt, auf 0,04% der Landfläche! Und der Benguela hat auch heute noch sein Gutes: Fisch im Überfluß, und damit Seevögel, Robben und Wale. Bei Johannesburg
gibt es eine höhlige Gegend, die man "Cradle of Humankind",
die Wiege der Menschheit nennt. Pathetisch, aber zu Recht: Knochenfunde
aus fast allen Stadien der Menschwerdung konnte man da aufsammeln,
vom Australopithecus bis zum Homo sapiens. Aber der Unfrieden ist in diesem heute randständigen Teil der Welt vorbei. Verschont von Tsunami und Al Qaida, hat Südafrika den Indischen Ozean und die Karibik als sicherste Destination abgelöst. Als Demokratie sind wir sicher vor den Amis, als Wirtschafts- und Rohstoffsupermacht sicher vor IWF und OPEC. So kann es noch eine Weile weitergehen. * ...
nach der Schöpfungsdatierung eines britischen Bischofs der frühen
Neuzeit, die an vielen Schulen unserer globalen Führungsmacht heute
wieder Lehrmeinung ist. |
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Klaus Minges · Mail: klaus@minges.ch · Web: www.minges.ch |
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